Manches Mal sind Irr- und Umwege zu gehen. Zu wenig Achtsamkeit hat mich vom Weg abkommen lassen. Oder einfach ein fehlendes Schild, eine verparkte Abzweigung, ein ablenkendes Gespräch. Es gibt viele Gründe. Aber: Jeder Umweg ist bedeutsam für den eigentlichen Weg. Er gehört dazu, kann mir zeigen, was ich ohne ihn nicht gesehen hätte, gibt mir Chancen zum Lernen, zum Wachsen und Reifen, zum Entdecken neuer Perspektiven.
Entdecken darf ich unterwegs Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft, freundliche Menschen, die mich aufmuntern und mir Tipps und Hinweise für die nächsten Kilometer geben, oder mir ganz einfach ein Glas Wasser, einen Apfel, ein aufmunterndes Wort über den Gartenzaun reichen. Entdecken darf ich unterwegs Natur und Kultur: sanft plätschernde Bäche und stimmungsvolle Sonnenuntergänge, Vogelgezwitscher und blühende Blumen, stille Waldlichtungen und reife Getreidefelder, aber auch großartige Bauwerke, schmucke Dorfstraßen, Kirchen und Kapellen als Orte der Kraft.
Achtsames, aufmerksames Gehen öffnet mir über die Augen und Ohren das Herz und schenkt Vertrauen in eine gute Ankunft. Ich darf getragen sein von der Schöpfung, von Menschen und von Gott, dem Ursprung. Trotzdem hat Pilgern nichts mit einer All-inclusive-Wohlfühl-Mentalität zu tun und sollte nicht romantisiert werden. Unterwegssein bedeutet auch Schmerzen, Irrwege, Müdigkeit, Ärger, Zweifel, Angst und Sorge. Himmel und Erde liegen oft ganz nah beisammen.
Praktisches zum Unterwegssein
Markierung und Orientierung
Detailliertes Kartenmaterial und GPX-Daten stehen auf den Webseiten der Pilgerwege und Tourismusregionen zum Download bereit. Mitunter gibt es auch eine Karte des Weges als Printversion. Dennoch ist die Mitnahme einer gängigen Wanderkarte empfehlenswert.
Die Pilgerwege verlaufen meist auf öffentlichen Wanderwegen, deren Wegnummerierungen ebenfalls eine gute Orientierung geben. Trotz guter Beschilderung „verschwinden“ immer wieder Tafeln oder Markierungen. Auf manchen Pilgerweg findet sich dessen Logo auch in Form von Aufklebern. Befristet gesperrte Forst- oder Jagdgebiete, Windbruch oder eine Hangrutschung können einen Umweg erforderlich machen. Hier ist gutes Kartenmaterial eine Hilfe.
Sollte es vorkommen, dass ein Wegstück verwachsen und nicht gepflegt ist, sollte das bitte dem jeweiligen Tourismusbüro oder dem Gemeindeamt mitgeteilt werden. Noch ein Wort zur Wegeführung: Die Pilgerwegroute hat es wohl nie gegeben. Wege haben sich im Laufe der Geschichte immer wieder aufgrund von Unwettern, Kriegshandlungen und anderer Ereignisse verändert. Wohl gab und gibt es einzelne Orte, die der Pilger oder die Pilgerin ansteuern musste, aber die Strecken dazwischen waren stets der Veränderung unterworfen. Heute hat es der Ausbau des Straßennetzes mit sich gebracht, dass versucht wird, für die Menschen eine möglichst angenehm zu gehende Routenführung zu finden. In diesem Sinne können historische Wege nur bedingt nachkonstruiert werden. Wohl ist es aber so, dass mit zunehmender Nähe zum Pilgerziel die Wahrscheinlichkeit wächst, auf historischen Pfaden unterwegs zu sein.
Verpflegung
Es ist nicht selbstverständlich, dass es entlang aller Etappen stets genügend Einkehrmöglichkeiten gibt. Mitunter ist es notwendig, sich eine Jause und Getränke für den Tag bereits morgens im Lebensmittelhandel zu besorgen oder sich vom Nächtigungsquartier ein Lunchpaket mitzunehmen. Gerade im Sommer ist die zunehmende Hitze nicht zu unterschätzen und ausreichend Wasser lebensrettend. Obst und Müsliriegel sollten als stärkende Reserve ebenfalls mit im Rucksack sein.
Pilgerstempel
Stempel in Pilgerpässe sind für viele eine schöne Erinnerung an das Unterwegssein. Der Erwerb eines entsprechenden Pilgerpasses, sofern es für den betreffenden Weg einen gibt, erfolgt über die Pilgerwegorganisationen oder Tourismusregionen. Teilweise sind die Stempelstellen vermerkt. Wo dies nicht der Fall ist, wird meist der Stempel des Quartiers eingetragen, in dem übernachtet wurde.